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Kritik. Frisiert!
 Verhängnisvolle Wetten
Von CHRISTWART CONRAD
Jenseits der Brettspielblase sind Spiele um Geld seit Urzeiten populär. Eine be- sondere Stellung genießen Wetten etwa auf Pferderen- nen oder beim Fußballtoto. Wer dort Geld einsetzt, ver- spricht sich durch sein (ver- meintliches) Wissen um die Stärke der Beteiligten im Verhältnis zu den (mutmaß- lichen) Wettquoten einen Vorteil. Unzählige Brett- spieladaptionen spiegeln diese Beliebtheit. In Fri- siert! spielen dabei erst-
mals frisierte Mopeds die Hauptrolle.
Sechs Krads starten auf einem der beiden Rundkurse. Der aktive Spieler schnappt sich den Kartenstapel und
deckt je nach Zahl der Teilneh- mer bis zu neun Rennkarten auf. Farbe und Zahl be- stimmen, welches Gefährt wie weit vorgerückt wird. Auch an besetzten Engstellen überholt man; nur das Ziel- feld muss frei sein, ansonsten wird das Moped ausgebremst. Alle kucken gebannt zu – ohne irgend-
welchen Einfluss nehmen zu können. Zumindest bis die Mofas gerollt sind. Nun sammelt der aktive Spieler alle aus- gelegten Karten wieder ein, behält eine davon verdeckt für sich und reicht die übrigen Karten weiter, damit die anderen es ihm gleichtun können. Damit hat je- der seine erste Wette platziert, ein gutes Dutzend wird folgen. Sobald ein Zweirad die Ziellinie zum dritten Mal überfahren hat, steht es als Sieger fest. Ohne weitere Wettmöglichkeit bestimmen die im Wei- teren aufgedeckten Karten den zweiten und dritten Platz. Jede Wettkarte dieser
drei Farben zählt dann Punkte.
Bis auf kleinere Details braucht es kei-
ne weiteren Regeln. Aber wie steht es um den Einfluss? Herrscht nicht purer Kartenzufall vor? Ja, der Glücksan- teil ist riesig. Aber die Spieler kön- nen durchaus eingreifen. Was
die Frage aufwirft: Welche Faktoren sind für Erfolg oder Scheitern verantwortlich? Dazu muss man wissen, dass das Karten- deck mehrmals – ohne weiteres Mischen – genutzt wird. Frühe Karten tauchen beim nächsten und übernächsten Mal ebenfalls wieder früh auf. Zugleich scha- det man jedoch mit den abgezogenen Wettkarten seinem Favoriten. Sie fehlen schlicht. Im Extremfall sind so viele Kar- ten einer Farbe in Spielerhand, dass das Moped vor der Ziellinie verreckt, auch wenn man alle verbleibenden Karten noch abspielte.
Am besten fährt also, wer nur kleine Werte hortet und möglichst von einer Far- be, die sonst keiner auf dem Schirm hat. Das versucht man zu erahnen – anhand der entfernten Karten, die man allerdings nur teilweise kennt. Später, womöglich zu spät, merkt man dann, welche Karten ausbleiben. Hochspannung herrscht kurz vor Einlauf, wenn einzeln jede Karte thea- tralisch aufgedeckt wird.
Der Reiz liegt nicht in der konkreten Manipulation, sondern entsteht im Kopf. Entscheidend ist meine Überzeugung, dass ich die Lage besser als meine Mit- streiter einschätzen kann. Ein Triumph, wenn es mir gelingt, die bekannten Infor- mationen (Startposition, Erscheinungsrei- henfolge) und die im Dunklen liegenden
(Wettverhalten der Konkurrenz) richtig zu interpretieren. Für den, der nicht mit- fiebert, ist hingegen
alles nur Zufall.
      Titel: Autor: Illustration: Verlag: Personen: Alter: Dauer: Preis:
Frisiert! Friedemann Friese Maura Kalusky 2F-Spiele
2 – 6
ab ca. 8 Jahren ca. 30 Minuten ca. 22 Euro
 Kritiker
Christwart Conrad
Leider langweilig.
Stefan Ducksch 4
Wer nur Mopeds an sich vorbeirollen lassen will, mag glücklich sein. Wer aber den Wunsch hat, ein wenig selbst zu steuern, verlangt von diesem Spiel zu viel.
Marie Poenisch 4
Charmante Retro-Optik, aber man schaut den Mopeds nur zu. Daher eher Nebenbei-Beschäftigung beim Kneipenabend.
Christoph Schlewinski 6
Super Spiel, wenn man einfach mal NICHTS tun will. Oder wenn man selber den Geruch von knatternden Mofas auf Waldlichtungen kennt.
6 Andreas Becker 4
Udo Bartsch
Die starke psychologische Komponente macht es spannend.
Spielreiz
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     Fotos: 2F-Spiele, Becker, Conrad































































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