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 Spielwiese. Kingsbridge Exit: Die Rückkehr in die ve
  Nur eine Patience
Von CHRISTWART CONRAD
Etliche spielerische Adaptionen der Werke Ken Folletts hat der Kosmos- Verlag veröffentlicht. In der Umset-
zung von Kingsbridge geben die von 1 bis 13 nummerierten Karten mit jeweils kurzem Text und einer ansprechenden Il- lustration die Geschichte der Jahre 997 bis 1007 wieder.
Indes ist das ohne Bedeutung fürs Spielprinzip. Dieses entspringt einer tra- ditionellen Idee, die mir unter dem Na- men Zank-Patience bekannt ist. In Kings- bridge ist das Prozedere vereinfacht und als Mehrpersonenspiel konzipiert. Dabei versucht jeder, seine Karten loszu- werden, indem er möglichst viele seiner sechs Handkarten in der offenen Auslage unterbringt. In sechs Spalten werden die Karten mit lückenlos aufsteigenden Zah- len ausgelegt. Der Reiz liegt darin, zu er- kennen, wann man eine Karte oder gleich
mehrere Karten passend in eine andere Spalte umlegen kann, sodass eine Spalte geleert wird. Dort beginnt man mit einer be- liebigen Zahl. Eine komplette
Reihe von 1 bis 13 wird eben- falls abgeräumt.
Halbwegs erfahrene Spieler beginnen sofort mit dem „Vol- len Spiel“, das den Protagonis-
ten aus dem Roman Sonderfähig- keiten zuspricht. Zu Beginn erhält jeder drei dieser Personenkarten. In seinem Zug darf man das Privi- leg der obersten offen vor einem liegenden Karte anwenden. Bei- spielsweise verhilft König Ethel-
red zur Eröffnung einer siebten Spalte, Mutter Agatha berechtigt dazu, gleiche Zahlen anzulegen. Recht oft gelingt es dann, die
ganze Kartenhand abzuspielen. Die genutzte Personenkarte wird an den Spieler links weiter-
gegeben. Mit dem Nachziehen vom persönlichen Stapel endet
der Zug.
Ganz im Gegensatz zu frü-
heren Buch-Verspielungen ist Kingsbridge eher schlicht; die Altersangabe von zehn
Jahren mag da falsche Er- wartungen wecken. Das
eingängige Prinzip kommt bei der Ziel- gruppe, die kurze Partien mit sehr ein- fachen Mechanismen bevorzugt, gut an. Der Glücksfaktor ist recht hoch, sodass schon einmal einem glücklichen Teilneh- mer mehrere Züge gelingen, ohne die Hilfe von König Ethelred und Co. in An- spruch nehmen zu müssen. Da kann sein Nachfolger, der alle Sonderkarten bereits abgespielt hat, unverhofft auf dem Tro- ckenen landen.
  Von ANDREAS BECKER
Z
im Wald eingesperrt waren. Es war einer dieser raren Momente, an dem zu spüren war, dass wir gerade an etwas Besonde- rem teilhatten. Da war diese kleine Box, die viel mehr kann, als nur Material auf- zubewahren (wie wir an diesem Abend lernten), da waren ein paar Karten, ein paar seltsame Gegenstände und vor al- lem diese coolen Rätsel. Das Prinzip der Escape-Räume wurde 2016 aufs Wohn- zimmerformat runtergebrochen, Exit war geboren. Der Rest ist Geschichte.
Nun, 21 weitere Fluchten auf dem Bu- ckel, löste allein der Titel einen Reflex aus: Die Rückkehr in die verlassene Hütte. Das hatte etwas wie: einen alten Freund wiedertreffen, es wird bestimmt großartig. Wobei, auch das haben wir ge- lernt, eine zu große Erwartungshaltung nie vorteilhaft ist, weil dann auch das Gute oft kleiner wirkt, als es ist.
Unter recht fadenscheinigen Gründen lassen wir uns dieses Mal von einem Poli- zisten in den Wald zur Hütte fahren (aber gut, das Storytelling war nie die große Stärke der Reihe). Zehn Rätsel müssen wie immer gelöst werden, zum Aufwär- men gibt es stets ein einfaches. Man soll die Aufgabe mit einem guten Gefühl und Rückenwind starten. Was dann kommt, ist gut, sehr solides Niveau. Aber der Zau- ber des Anfangs, der ist mittlerweile ver- flogen, wirklich Überraschendes hält die Hütte – als 3D-Aufbau mit Möbeln mit wunderbarer Tischpräsenz – nicht bereit.
So gibt es selbstverständlich ein wenig Rätsel-Standardkost, wenn im Kreuzwort- rätsel noch mehr versteckt ist, als auf den ersten Blick zu sehen. Aber es ist
ugegeben: Dieser Text hat viel mit Erinnerungen zu tun, an damals, als
wir zum ersten Mal in dieser Hütte
  Titel: Autor: Illustration: Verlag: Personen: Alter: Dauer: Preis:
Kingsbridge – Das Spiel Wolfgang Kramer Michael Menzel Kosmos
1– 5
ab ca. 8 Jahren
ca. 15 – 20 Minuten ca. 15 Euro
 Kritiker
Christwart Conrad
Udo Bartsch
Hätte nicht sein müssen.
L. U. Dikus
Spielreiz
6
4 5
Großkalibriger Titel, der durch eine all- zu seichte Zank-Patience leider nicht eingelöst wird.
Stefan Ducksch 5
Patience mit Sonderregeln für Ein- steiger in kleiner Runde. Mit mehr Spielern oder mehr Anspruch nicht befriedigend.
Gerhard Göldenitz 6
Entstehungsgeschichte des fiktiven Kingsbridge als Fassade zum Ablegen von Kartenreihen à la Lost Cities – nett, aber ohne spielerische Nach- haltigkeit.
Wieland Herold 5
Für den Anspruch „Das Spiel“ liefert Kramer außer einer Patience-Anleihe wenig kreative Ideen.
Edwin Ruschitzka 6
Spielerisch keine allzu große Heraus- forderung, aber generationenübergrei- fend gut zu spielen. Die Illustrationen sind eine Augenweide.
Harald Schrapers 4
Das hat leider gar nichts mit den oft großartigen Ken-Follet-Spielen der Ver- gangenheit zu tun.
 54   spielbox
  Hütten-Gau
Fotos: Becker, Conrad














































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