Page 49 - spielbox 03/21 - Deutsch
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    Komponente, die Undaunted: Normandie von anderen Wargames entscheidend abhebt. Die anzustel- lenden Überlegungen
sind sogar anders als in üblichen Deck- bauspielen.
Die Manöver
im Gelände sind
auch keine Selbstläufer. Aus- gangsbasis und Ziele der Kontrahen-
ten sind unterschiedlich. Dasselbe Szenario lässt sich auf mehrere
Weise befehligen. Man kann pri-
mär auf Sieg spielen oder auf Siegver- hinderung. Vielleicht führt ein schneller Vormarsch zum Erfolg, weil der Gegner nicht rechtzeitig in die Stiefel kommt. Oder vielleicht ist die geduldige Heran- gehensweise besser, indem man zunächst die schwere Artillerie auffährt und den Gegner von Ferne mit Granaten über- zieht. Der hässliche Name Ausblutungs- schlacht beschreibt das Geschehen auf dem Brett dann leider sehr gut.
Über das Schlachtenglück entschei- den zehnseitige Würfel. Abhängig von der Feuerstärke meiner aktiven Einheit werfe ich bis zu vier und muss, um einen Treffer zu erzielen, auf einem der Würfel eine Mindestzahl erreichen, die wieder- um von der Entfernung, der Deckung und dem Widerstandswert der Gegenpartei abhängt. Das mag militärakademischer klingen, als es im Feld dann tatsächlich ist: eine leichte Kippbewegung mit der Hand und die Addition dreier Summan- den. Mehr nicht. Natürlich ist der Ärger groß, wenn man mit vier Würfeln nicht mal eine läppische Fünf zustande bringt. Oder wenn der Gegner aus absurder Ent- fernung einen Zufallstreffer nach dem nächsten landet. Solche Emotionen gehö- ren in Undaunted zur Dramaturgie.
War man es bislang gewohnt, für die Materialschlachten des Zweiten Welt- kriegs eine Materialschlacht auch im Spielekarton vorzufinden, überrascht Un- daunted: Normandie durch seine Kom- paktheit. Die Anleitung führt gelungen und übersichtlich in das ohnehin nicht überbordende Regelwerk ein. Karten- und Spielplangrafik unterstützen den Spielab- lauf bestens. Und vor allem beruht alles auf leichten und stets wiederkehrenden Prinzipien.
Ob sich meine Einheiten auf einem Hügel verschanzen oder über freies Feld
stürmen, macht natürlich einen Unter- schied. Aber alles, was man dazu wissen muss, findet man auf den Spielplan- feldern selbst. Genauso wie alle Karten mit jeweils nur einem Begriff ihre bis zu vier Einsatzmöglichkeiten zeigen. Nur die Benennungen könnten teilweise aus- sagekräftiger sein. „Befehlen“ etwa soll bedeuten, dass man Karten von seinem Stapel nachzieht: Auf die Hand, marsch marsch!
Ärgerlicher aber sind Fehler im deut- schen Kampagnenbuch, wo konsequent die Begriffe „Zugtruppführer“ und „Feld- webel“ vertauscht werden, was zur Folge hat, dass man kein Szenario so spielt, wie es von den Autoren vorgesehen wäre – Major oder Mayonnaise, Hauptsache In- fanterie! Offenbar findet der Verlag mili- tärische Ränge so nebenrangig, dass die Fehler auf der Produktseite im Internet unerwähnt bleiben. Den Downloadlink für das überarbeitete Szenarienheft fin- det man lediglich auf der Shopseite.
Das Buch als solches ist sehr gut ge- macht. Jedes Szenario erhält dort eine übersichtliche Doppelseite. Schritt für Schritt werden die Gelände größer, neue Einheiten und neue Regeln werden ein- geführt, Spieldauer und Komplexität der Partien steigen an. Sofern man in Kriegs- dingen Dinge richtig machen kann, macht Undaunted: Normandie vieles richtig. Wer unerschrocken in das Genre Kriegsspiel einsteigen möchte, macht da- mit einen guten Anfang.
   Titel: Autoren:
Illustration: Verlag: Personen: Alter: Dauer: Preis:
Undaunted: Normandie Trevor Benjamin, David Thompson
Roland MacDonald Giant Roc
2
ab ca. 10 Jahren
ca. 45 – 60 Minuten ca. 35 Euro
 Kritiker
Udo Bartsch
Andreas Becker
Spielreiz
7
7
Eigentlich nicht meine Art von Spiel. Aber durch den Deckbau entfaltet Undaunted einen ungeahnten Reiz. Zudem fühlt es sich einfach auch nicht wie ein typisches Wargame an.
Guido Heinecke 8
 spielbox   47
   




































































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