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     ben, dass das Plättchen beliebig gelegt werden darf. Die Komplexität ergibt sich aus der Wertungsvielfalt, die Zwänge ent- stehen aus den eigenen Bedürfnissen. Da sind einerseits die zentralen Aufgaben- plättchen, die man, wie gesagt, am liebs- ten in Muster und Farbe erfüllen möchte. En passant kassiert man dann immer wieder Knopfwertungen ein. Auf die Mus- terwertungen der Katzen baut man eher langfristig hin. Das Gute dabei: Die Rand- felder liefern schon Vorlagen, sie sollten unbedingt in die Planungsüberlegungen einbezogen werden.
Das Ende kommt für alle in der glei- chen Runde, wenn die 22 Felder belegt sind. Dann werden die Aufgabenvorga- ben abgerechnet, zusätzlich die Knöpfe und die angelockten Katzen. Der beste Patchworker oder Quilter – der Autor spricht immer von einem Quilt, also einer Steppdecke – ist der mit den meisten Punkten.
Russ sorgt für außerordentliche Va- rianz. Da gibt es die einfache Familien- version, in der die Aufgaben keine Rolle spielen, sondern sich alle nur auf Knöpfe und Katzen konzentrieren. Zusätzlich lie- fert er eine Solo-Variante und eine takti- schere fürs Duell. Wer möchte, darf seine Errungenschaften bilanzieren und wer- tungstechnisch vom Nachwuchs-Patch- worker bis zum Quilt-Meister aufsteigen. Sogar an Szenarien mit definierten Auf- gabenvorgaben auf bestimmten Katzen- tableaus wird gedacht. Ganz unabhängig
davon gleicht kaum ein Spiel dem ande- ren, dafür sor-
gen dann schon die verschiedenen Auf- gabenplättchen und die zehn Katzenwer- tungen.
Kuscheldecke und Katzen garantieren ein Wohlgefühl. Und Sophia hat recht, letztlich ist Calico wie Azul ein rein abstraktes Legespiel, bei dem anfangs alles offen und leicht aussieht, wobei mit der Zeit immer mehr Optionen da- hinschwinden. Das gilt besonders für die Doppelwertungen bei den drei zentralen Aufgaben, außerdem für längere und punkteträchtigere Stoffmuster für die Katzen.
Persönlich erinnert mich die Erfüllung der Ziele an die Freuden und Frustratio- nen, die ich einst mit Take it Easy erlebt habe, wenn hochwertige Wertungsreihen gefüllt wurden oder das letzte Sechseck dann doch nicht passte. Da spielen viele Emotionen mit. Zumal bei der Auswahl aus den drei Plättchen beim Nachziehen durchaus nicht nur das eigene Quilt-Brett eine Rolle spielt, sondern auch die Aus- lage des linken Nachbarn. So sollte man dem nächsten Spieler eine 11er-Katzen- wertung nicht einfach schenken, sondern ihm das benötigte Plättchen vor der Nase wegschnappen. Das bringt mehr, als stattdessen selbst ein Plättchen für eine weitere Knopfwertung zu nehmen.
Calico ist ein spannendes Optimie- rungsspiel, bei dem das Glück eine nicht unwichtige Rolle spielt. Jedes Hexagon ist dreimal mit identischer Form und Far- be vorhanden, sodass die Hoffnung auf ein Auftauchen eines bestimmten Stoffes lange bleibt. Nicht einmal in Vollbeset- zung zu viert wird es knapp, wenn von den 108 Plättchen 88 ausgelegt werden und acht auf der Hand zurückbleiben. Mit der einfachen Familienregel kann Ca-
lico gut und schnell aus dem Bauch heraus gespielt werden und taugt schon für Achtjährige. Die Regeln für erfahrene Spieler heben den Anspruch allerdings in den
Kennerbereich.
Die außergewöhnlich
große Varianz und atmo- sphärisch gelungene Um- setzung zeichnen Calico aus. Von haptischen Ge-
nüssen wie einst bei Azul kann ich aber nicht spre- chen, da hätten wir wahr- scheinlich echte Stoffstücke im Spiel gebraucht. Und dreidi-
  Titel: Autor: Illustration: Verlag: Personen: Alter: Dauer: Preis:
Calico
Kevin Russ
Beth Sobel Ravensburger
1 – 4
ab ca. 10 Jahren
ca. 30 – 45 Minuten ca. 39 Euro
 Kritiker
Wieland Herold
Udo Bartsch
Spielreiz
8
6
Der Glücksfaktor beim Nachziehen steht etwas im Widerspruch zu der grübeligen und herausfordernden Legespielaufgabe.
Andreas Becker 7
Simpelste Regeln. Die Wertungen bringen die Würze.
Christwart Conrad 7
Eigentlich ein abstraktes Solitärspiel für mehrere Personen, wird aber durch die optisch und haptisch ansprechen- de Verpackung aufgewogen. Tenden- zen zu zeitfressenden Grübeleien und Frust, weil im Verlauf immer weniger zueinanderpasst, liegen in der Heran- gehensweise des Spielers begründet und sind nicht dem Spiel anzulasten.
L.U. Dikus 8
Echter Stubentiger: weiches Fell, doch scharfe Krallen.
Stefan Ducksch 6
Die Optik signalisiert ein nettes Fami- lienspiel, tatsächlich ist die Spieltiefe deutlich größer. Es gilt, rechtzeitig kaum lösbare Aufgaben aufzugeben. Gelegenheitsspieler tun sich damit schwer und sind frustriert, wenn weniger als gedacht klappt. Kenner stört der Glücksfaktor beim Ziehen der Plättchen. Tolles Material, interessante Varianten, auch für Solospieler.
Stephan Kessler 6
Knifflige Puzzleaufgabe mit guter Anleitung und schöner Aufmachung. Allerdings fühle ich mich durch die vielen gescheiterten Aufgaben oft mehr bestraft als belohnt. Spielt sich manchmal etwas stockend und endet häufig recht unspektakulär.
Marie Poenisch 8
Wenig Regeln und viel Spieltiefe, macht immer wieder Spaß.
Gerald Rüscher 7
Forderndes Spiel hinter knuffiger Grafik.
Christoph Schlewinski 6
Harald Schrapers 7
Überraschend kniffliges Denkspiel mit aufgesetztem Thema.
  mensionale Schmusekätzchen.
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