Page 24 - spielbox 03/21 - Deutsch
P. 24

Kritik. Rocketmen
Glücksmission im All
Martin Wallace ist einer meiner Lieblingsautoren. Wenn ein neues Spiel von ihm angekündigt wird, bin ich interessiert. Ich finde nicht jedes Spiel von ihm ausgezeichnet,
aber er hat ein Händchen dafür, gute Mechanismen
zu entwerfen, die mit der Geschichte des Spiels funktionieren. Rocketmen wurde auf Kickstarter im Januar 2020 angekündigt und sollte im Oktober 2020 geliefert werden – was für ein Kickstarter-Projekt ziemlich schnell ist. Es kam etwa sechs Monate später an, was meiner Erfahrung nach normal ist, in Anbetracht der Covid-19-Situation mit ihren weltweiten Auswirkungen sogar nicht allzu schlecht.
 Aber war es die Wartezeit wert?
Von ALAN HOW
Rocketmen ist ein Deck Builder, in dem die Spieler Finanziers sind, die Siegpunkte für das Erfüllen von Mis-
sionen mit ihren Raumschiffen verdienen, die in die Erdumlaufbahn, zum Mond und zum Mars geschickt werden. Dabei gilt: Je weiter entfernt das Ziel ist, desto schwieri- ger die Aufgabe.
Um eine Mission erfolgreich zu ab- solvieren, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Man benötigt genügend Ra- ketenpunkte, um überhaupt starten zu können, zudem muss das Raketenplätt- chen eine bestimmte Anzahl von Fel- dern auf der Missionsleiste fliegen. Die Missionen steuern verschiedene Zielorte auf Erde, Mond und Mars an, aber jeder Finanzier kann an jedem Ort nur einmal vertreten sein. Wer also bereits eine Satel- liten-Mission im Erdorbit abgeschlossen hat, muss den nächsten Satelliten zum Mond schießen.
Um seine Ziele zu erreichen, spielt man auf seine Startrampe Karten, die vielleicht für einen späteren Erfolg aus- reichen. Vielleicht? Ja, denn ganz genau planen lässt sich so eine Mission nicht. Keines der Ziele wird man direkt über die Karten auf der Startrampe erreichen kön- nen. Deswegen wird je nach Destination eine gewisse Anzahl von Karten aus dem Missionserfolgsdeck gezogen, die die Ra- kete auf ihrem Weg weiter vorantreiben. Die Kartenwerte reichen von null bis vier Bewegungspunkten bei einem Durch-
schnittswert von knapp unter zwei. Das ist wichtig zu wissen, da eine Mission in den Erdorbit acht Bewegungspunkte be- nötigt, um erfolgreich zu sein. Zum Mond sind es schon zehn, zum Mars 13. Je nach- dem, ob man zur Erde, zum Mond, zum Mars fliegt, darf man bis zu drei, vier oder fünf Karten ziehen. Die Chancen stehen also nicht gut. Aber mit entsprechenden Ressourcensymbolen auf den Karten auf der Startrampe nebst auf nach und nach gewonnenen Erfolgsmarkern lässt sich der Glücksfaktor wenigstens ein bisschen bändigen.
Das Sammeln dieser Ressourcen ist Teil des Deckbaus. Aus einem Pool von sechs Missionskarten können neue gekauft werden. Bezahlt wird mit Handkarten, die auch als Währung dienen. Es geht also zunächst darum, das eigene Kartendeck so zu verbessern, dass es gut genug ist, um Missionen zu starten. Diese beginnen in der Regel mit einem Flug in den Erd- orbit, da große Sprünge anfangs schlicht nicht möglich sind.
Konkurrenten sind dabei die anderen Spieler, die vielleicht Karten kaufen, die man selbst benötigt, oder die Missionen als Erste erfüllen. Jeder Missionstyp kann zwar von mehreren Spielern erfüllt wer- den, aber der Erste erhält mehr Siegpunk-
te. Da das Ende ausgelöst wird, wenn eine bestimmte Punktzahl erreicht wurde, entfaltet Rocketmen auch einen gewis- sen Wettrenn-Charakter. Daran, wie die anderen ihre Decks entwickeln, lässt sich erkennen, ob es eine direkte Konkurrenz um einen Missionstypen gibt oder nicht.
Der spannende Teil des Spiels ist das Umdrehen der Missionserfolgskarten. Da diese für jede Mission neu gemischt wer- den, kennt man zwar die Gesamtwahr- scheinlichkeit des Erfolgs, aber das ist eben nur graue Theorie, wenn man in der Praxis eine Null aufdeckt.
Wer aber die erforderliche Punktzahl erreicht, um beispielsweise auf dem Mond zu landen, erhält die entsprechen- den Siegpunkte. Aber oft (gefühlt zu oft, wenn ich spiele) kann die letzte Karte, die umgedreht wird, den Unterschied zwi- schen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Wenn man zweifelt oder manchmal auch schon klar ist, dass ein Misserfolg unaus- weichlich ist, kann eine Mission abgebro- chen werden. Allerdings muss man dann Karten von der Startrampe abwerfen, eine weniger als man zuvor Missionser- folgskarten gezogen hat.
Man kann auch weiterziehen und hof- fen. Scheitern bedeutet aber, dass alle Karten von der Startrampe abgeworfen
22   spielbox
     Fotos: Becker, Phalanx Games















































































   22   23   24   25   26