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 Titel. Franz Vohwinkel
 Er ist wieder hier
 Zurück zu den Wurzeln. Das wollten Imelda und Franz Vohwinkel, nachdem sie rund anderthalb Jahrzehnte in den USA gelebt und gearbeitet hatten. Wichtig war ihnen dabei vor allem eins: Das Meer muss in der Nähe sein, München, die alte Heimat, kam nicht mehr in Frage. Nun also Schleswig-Holstein, Ostseeküste. Besuch bei einem, der zurückgekehrt ist.
Von ANDREAS BECKER
ändert hat. Was es den beiden vielleicht auch noch mal ein bisschen erleichterte, nach Deutschland zurückzukehren.
Nun also Eckernförde, zwei Münchener an der Ostsee. Viel weiter weg geht kaum. Aber Bayern war keine Option. „Naja, Se- attle liegt direkt am Meer. Wir fanden es ganz großartig, am Wasser zu wohnen. Also suchten wir wieder etwas am Meer.“ Kiel sollte es werden, denn ein bisschen Stadt durfte es schon sein. „Imelda wäre lieber nach Stralsund gegangen, aber da ist man doch weit weg von allen.“ Eine Mitarbeiterin von Amigo, selbst Kielerin, war es schließlich, die Eckernförde ins Spiel brachte. Es war der goldene Tipp. Ein idyllisch gelegener Bungalow am Windebyer Noor war das erste Quartier der beiden, so ruhig und schön und na- turnah, dass nachmittags Rehe auf dem Rasen am Zaun liegen und wiederkäuen.
„Im Februar 2020 sind wir zurück nach Deutschland gekommen“, erzählt er. Da- mals ging es in Seattle gerade mit der Pandemie richtig los. „Wir sind dem Virus da gerade noch mal von der Schippe ge- sprungen.“ Aber ein Entkommen gab es nicht, kurze Zeit später hatte das Virus die beiden in Deutschland eingeholt. So war ihr erstes Jahr in der neuen alten Hei- mat ein sehr untypisches. Zumindest für Eckernförde, weil kaum Touristen kamen. „Wir sind im Sommer viel gewandert, Rad gefahren, die Küste rauf und runter.“
Dass die beiden jetzt nicht in einer größeren Stadt leben, ist für Franz Voh- winkel auch kein Problem. Im Grunde ist es egal, wo er seine Arbeit mit hinnimmt. Hauptsache es gibt Internet, um Daten auszutauschen. „So gesehen hat sich für mich nicht viel verändert“, erzählt er. Sein erster Auftrag nach der Rückkehr nach Deutschland waren ein paar Illustratio- nen für die SPIEL.digital, zudem hatte er für Rio Grande Games auch Beyond the Sun gemacht (siehe Kritik Seite 8).
Insgesamt war es nach der Rückkehr nach Deutschland gerade ein wenig ent- spannter für ihn, was sich wahrscheinlich bald ändern dürfte. Auch wenn die Zei- ten andere als in den 90er-Jahren und zu Beginn der 2000er-Jahre sind, als gefühlt jedes Spiel, das gut aussah, von Franz Vohwinkel gemalt wurde. Mittler- weile ist die Illustratoren-Szene geradezu riesig geworden. Einerseits. Andererseits hat die Zahl der Spiele, die jährlich ver- öffentlicht werden, gigantische Ausmaße angenommen. Der Kuchen ist also immer noch groß genug für alle.
Aber Franz Vohwinkel, mittlerweile 56 Jahre alt, ist der, der den Beruf des Spiele-Illustrators in Deutschland quasi erfunden hat, sozusagen der Godfather of Illustration. Dabei war das gar nicht der Plan, als er in Darmstadt sein Grafik- design-Studium begann. Wie das so ist als Student: Er hatte wenig Geld. Also
sagt er ja. Die Dame hatte die „M
öchten Sie mal probieren?“ Franz Vohwinkel überlegt kurz, dann
Vorzüge des Verkaufsschlagers der klei- nen Handwerks-Destillerie zwar erklärt, aber am Ende liegt die Wahrheit doch im Glas. Also ein Schlückchen Pflaume mit Aquavit, bitte sehr. Vohwinkel schnup- pert. Riecht gut. Vohwinkel nippt. Und nickt. Lecker. Sehr lecker. Er nimmt dann gleich mal ein Fläschchen mit, für den Reporter darf auch direkt eins eingepackt werden. Eine hübsche kleine Entdeckung beim Gang durch Eckernförde, der neuen Heimat von Imelda und Franz Vohwinkel.
Seit gut einem Jahr leben die beiden wieder in Deutschland. Nach 14 Jahren USA, nach 14 Jahren Seattle. „Wir haben uns einfach immer intensiver die Frage gestellt, ob wir uns vorstellen können, in den USA alt zu werden“, erzählt Vohwin- kel. Es ist die Frage nach der Rente, vor allem aber nach dem Gesundheitssystem in den Staaten. „In dem Moment, in dem du krank wirst, bist du der Gelackmeier- te.“ Das waren die großen Linien, um die es ging. Aber da waren auch noch andere Dinge, die ihnen zunehmend missfielen. „Imelda hat sich sehr an den Waffenge- setzen in den USA gestört.“ Und dann war da auch Seattle selbst, das sich in den vergangenen Jahren so stark ver-
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  Fotos: Becker, Göldenitz



















































































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