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Memoarrr
Ging man beim Erstling Cottage GardennochganzaufNummer Sicher, taucht im zweiten Spiel
der Berliner Edition ein völlig unbekann- ter Autor auf. Carlo Bortolini lebt in Berlin, ist dort freischaffender Künstler (www. carlobortolini.com) und kann mit Me- moarrr! stolz auf seine erste Spieleveröf- fentlichung blicken. Neuland beschreitet Verleger Schmitt auch mit dem Grafiker. Pablo Fontagnier ist renommierter Graf- fiti-Künstler und in der Szene bekannt als Hombre SUK.
Sicher werden beide bald wieder ein- mal auftauchen. Hier jedenfalls erfindet Bortolini das Paarefinden ganz neu und bietet strategische Möglichkeiten, die kaum ein Autor vorher so genutzt hat. In gewisser Hinsicht ist sein Memoarrr eine logische Fortsetzung von Leo muss zum Frisör, bei dem Lerneffekte für Folgerun- den eine wichtige Rolle spielten.
Zwei bis vier Schatzsucher sind auf der Vulkaninsel des Kapitäns Goldfisch unter- wegs und suchen binnen sieben Runden in den Schatztruhen des Seeräubers Ru- bine. Jeweils fünf Mal sind Walross, Pin- guin, Krabbe, Tintenfisch und Schildkröte vor fünf unterschiedlichen Landschaften zu sehen. Einmal spaziert der Pinguin durch die Wüste, mal schwimmt er im Wasser, dann hält er sich im Dschungel oder Blumengarten auf oder spaziert in einer Lavalandschaft umher. Das gilt für alle fünf Tiere, die im Raster mit fünf Kar- ten Kantenlänge ausliegen. Nur das mitt- lere Feld bleibt ohne Tier, dort befinden sich Schatztruhen und Vulkankarten.
Zu Beginn darf sich jeder die drei mitt- leren Karten seiner Seite anschauen und hat damit zumindest eine Teilinformation für das, was folgt. Wer an der Reihe ist, deckt eine Karte auf, die bis auf die erste
Mini Rails
Z u einem soliden Eisenbahnspiel gehören Streckenbau und Aktien- geschäfte. Francis Tresham hat vor
Jahrzehnten mit 1829 diesen Standard definiert. Seither sind zahllose Eisenbahn- spiele veröffentlicht worden, die ähnliche Prinzipien verwenden. Auch Mini Rails reiht sich in diese Tradition ein, reduziert die Elemente aber auf ein Minimum, so-
sich an der vorhe- rigen orientieren muss. Sie muss entweder deren Tier oder Land- schaft entsprechen. Ist das der Fall, kommt der nächste an der Reihe.
Gibt es keine
Übereinstimmung,
muss man eine Vul-
kankarte nehmen und steigt aus der Runde aus. Das gilt bis zum vorletzten in der Runde, danach gibt es zur Beloh- nung eine Schatztruhe mit Rubinen. Der Wissenszuwachs, mit dem man in die Folgerunden geht, ist beträchtlich, sodass sich die Duelle um die passenden Karten immer länger hinziehen und damit auch die Möglichkeiten wachsen, die Gegner in die Ecke zu drängen. Wer den fünften Pin- guin aufdeckt, lässt dem Nachfolgenden nur noch die Option für den passenden Hintergrund. Auch die Merktechniken der Gegenspieler lassen sich in die Überle- gungen mit einbeziehen, da gibt es eini- ge, die lokalisieren lieber die Farbhinter- gründe, andere orientieren sich eher an den Tieren. Der persönliche Wissensvor- sprung durch die drei am Anfang ange- schauten Karten ist sowieso meist schnell dahin, da die Gegner stets zu den vorher aufgedeckten Karten greifen.
In Memoarrr kann man zwar in den ersten zwei bis drei Runden schnell raus- fliegen. Das macht aber nichts, zum einen geht das Gedächtnistraining auch ohne aktives Mitspielen weiter, zum anderen dauern die Runden meist nicht lange. In Vollbesetzung sind selten mehr als 15 Mi- nuten zu veranschlagen, Revancherunden somit praktisch garantiert.
dass eine Partie maximal eine Stunde dau- ert, aber alles andere als banal verläuft.
In jeder Runde führen die Spieler zwei Aktionen aus: Sie kaufen eine Aktie und sie bauen ein Gleis. Die Reihenfolge entscheidet jeder selbst, und nach einer Aktion sind erst einmal die Mitspieler an der Reihe. Unabhängig von der Teilneh- merzahl sind immer sechs Gesellschaf-
Wer es taktischer will, ordnet die Schatz- truhen nach Wertigkeit der Rubine an, sodass wertvolle Truhen erst dann auf- tauchen, wenn entsprechendes Wissen vorhanden ist. Schließlich lässt das Ex- pertenspiel noch besondere Fähigkeiten der Tiere zu. So eröffnet beispielsweise der Pinguin Einsicht in eine weitere Karte, während der Tintenfisch für Verwirrung sorgt, indem zwei Karten ausgetauscht
werden.
Wer Gedächtnisspiele bisher als Kinder-
kram abgetan hat, reibt sich erstaunt die Augen wegen der Tiefe, die hier geboten wird. Die Umsetzung von Bortolinis Idee ist perfekt gelungen. Die mitgelieferten Erweiterungsmöglichkeiten sind sinnvol- le Zugaben. Mit der Alterseinordung ab acht Jahren will sich der Verlag zwar vom Kinderspiel absetzen, trotzdem kommen Sechsjährige durchaus problemlos mit dieser Anforderung klar. Ein zweites Spiel des neuen Verlages, das überzeugt und das Lust macht auf mehr.
Wieland Herold
Memoarrr! (Edition Spiel-
wiese) von Carlo Bortolini;
für 2–4 Personen ab ca. 8
Jahren; Spieldauer: ca. 15 Minuten; Preis: ca. 10 €.
ten mit von der Partie, jede durch kleine Holzchips vertreten. Alle stecken in einem Beutel. Zu Beginn jeder Runde werden einige gezogen und hintereinander auf einer Markttafel aufgereiht.
Wer am Zug ist, nimmt sich einen Chip aus der Reihe und verlängert damit ent- weder die Bahnstrecke dieser Farbe auf dem Plan oder erwirbt ihn als Aktie. Geld
SUPER
GUT
GEHT SO
SCHWACH
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