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Diese besteht grund- sätzlich in einer Marke im Wert von fünf Siegpunk-
ten. Zu Anfang der Partie empfiehlt sich allerdings, stattdessen mindestens zwei der drei Spezialfähigkeiten zu wählen, die sich alsbald zu amortisieren pflegen. So vergrößert der „Pfad der Erleuchtung“ die Kartenhand auf fünf, was die Chancen deutlich erhöht, beim Nachziehen etwas Passendes auf die Hand zu bekommen. „Unbegrenztes Wachstum“ erlaubt es, mehr als zwei Karten auszuspielen, was einem Tempogewinn von einem Halbzug gleichkommt. Der „Ältere Wächter“ schließlich ist ein weiteres Insekt, das auf- grund doppelter Stärke ähnliche Wirkung entfaltet.
Um möglichst schnell aus eigener Kraft an eine Spezialfähigkeit zu kommen, soll- te man sich zunächst auf kleinere Blüten kaprizieren und sich dazu gezielt mit Kar- ten aus der allgemeinen Auslage versor- gen. Wer dummerweise mit Blättern für größere Blüten gesegnet ist, sollte diese deshalb notfalls opfern, um bloß nicht den Anschluss zu verlieren. Denn ein Geg- ner, der über einen Vorsprung von zwei oder sogar drei Spezialfähigkeiten ver- fügt, ist aufgrund seiner hohen Flexibili- tät kaum wieder einzuholen.
Die Endrunde wird eingeläutet, sobald ein Teilnehmer die letzte Karte seines Decks nachzieht. Dann kommt jeder noch einmal an die Reihe. Sofern nicht Hinter- hand Auslöser ist, haben dieser und alle vor ihm Sitzenden einen Zug mehr, was unbefriedigend ist, weil es sich im Punkt- ergebnis niederschlägt. Fairer erscheint, die Runde einfach zu Ende zu spielen. Auf jeden Fall werden die noch unfertigen Blüten denjenigen zugewiesen, die dort die Mehrheit besitzen. Bei Gleichstand werden ihre Blätter unter den Beteiligten gleichmäßig verteilt.
In einer sog. Familien-Variante für vier Teilnehmer bilden die einander gegen- über Sitzenden Teams. Ihre Zusammen- arbeit beschränkt sich im We-
sentlichen darauf, einan- der nicht in die
Parade zu
fahren. Für die Ermittlung einer Mehrheit ist dagegen jeder auf sich allein gestellt. Immerhin lässt sich durch die Vollendung einer Blüte verhindern, dass die bisherige Mehrheit des Partners vom nachfolgen- den Gegner womöglich noch gekippt wird.
I Insekten als
mobile Wächter
Wie erkennbar geworden sein dürfte,
ist Lotus keinesfalls nur Blendwerk für eine schlichte Set-Sammelei. Vielmehr verfügt es neben seinem attraktiven Äu- ßeren auch über beachtliche innere Wer- te. Bis auf die Regelung des Spielendes macht alles einen gut durchdachten Ein- druck. Insbesondere die zweigleisige Wer- tung von Vollendung einer Blüte und dor- tiger Mehrheit an Wächtern zwingt dazu, mit Bedacht zu Werke zu gehen und Chancen und Risiken zu kalkulieren. Dies umfasst, bisweilen auf Zeit zu spielen, in- dem man zwei Karten getrennt nachein- ander an dieselbe Blüte legt oder sich so- gar ganz auf den Austausch von Karten beschränkt.
Auch die übrigen Komponenten har- monieren tadellos. Die Insekten steigern als mobile Wächter die Aussichten, die Belohnung einzustreichen oder zumin- dest noch daran beteiligt zu werden, wenn es einem schon nicht vergönnt ist, die Blütenblätter selbst abzustauben. Wobei je nach Größe der Blüte mal die eine und mal die andere Ausbeute stärker ausfällt. Die an-
gemessen dimensionier-
ten Verstärkungen brin-
gen Schwung ins Gesche-
hen, sodass jede Partie flott
über die Bühne geht. Und einen Mangel an Interaktion bei der gemeinsa- men Entfaltung der Blütenpracht gilt es nicht zu beklagen.
Anscheinend also alles richtig ge- macht. Wenn nicht in jeder Besetzung außer in der Familien-Variante auffällig oft ein Teilnehmer bös unter die Räder geriete. Während seine Gegner mit profit- lichem Grinsen Runde für Runde Blüten und Belohnungen einheimsen,
geht der Betroffene allzu oft leer aus, ohne sich für seine Assists etwas kaufen zu können. Ein Schicksal, das nicht etwa nur Gelegen- heitsspieler ereilt, sondern
vor dem auch erfahrene Akteure nicht sicher sind.
Da schlägt die Erbmasse
eines Kartenspiels durch, das
Lotus trotz all seiner zusätzli-
chen Komponenten nun einmal bleibt. Entscheidend für die Akzeptanz der daraus resultierenden Macht des Zu- falls ist das Zeitmoment. Mit einer knap- pen halben Stunde fällt es hier zwar deut- lich stärker aus als etwa bei einer Partie Skat oder Rommé, liegt aber für die meis- ten immer noch so eben im Rahmen des Erträglichen, wenn es einmal gar nicht laufen will. Wozu der Flair des Spiels na- türlich kräftig das Seine beiträgt.
L. U. Dikus
Titel: Verlag: Autor: Grafik: Spieler: Alter: Dauer: Sprache: Preis:
Lotus
Renegade Games
Jordan u. Mandy Goddard Chris Ostrowski
2–4
ab ca. 8 Jahren
ca. 30 Minuten
Englisch
ca. 30 €
Kritiker Spielreiz
L. U. Dikus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Matthias Hardel . . . . . . . . . . . . . . 7
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