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KRITIK
New Angeles
Einer muss verlieren
Die Welt ist schrecklich geworden: Mächtige Konzerne haben den Planeten un- tereinander aufgeteilt. Sie sitzen an einem Tisch, treffen geheime Absprachen. Und lassen die Menschen da draußen für sich arbeiten und bezahlen. Der Staat schaut weg, kontrolliert kaum. Die Konzerne sollen bitteschön nur nicht über- treiben und die öffentliche Ordnung zu sehr stören. Ansonsten: Macht mal! Ein- fach gruselig. Gut, dass es so etwas heute bei uns nicht gibt.
schiebt man Letzteres, sofern noch Luft ist. Hauptsache, die Kasse stimmt.
Bei den Verhandlungen bilden sich im- mer neue Koalitionen. Manche beteiligen diejenigen, die ihnen zustimmen, an den Ausschüttungen oder Vorteilen. Andere werben um Stimmen mit Zusatzzahlun- gen oder Vorteilskarten. Je eine wird pro Runde an denjenigen vergeben, dessen Vorschlag eine Mehrheit findet. Und die Vorteile sind sehr unterschiedlich: Man- che erlauben, anderen Geld zu klauen, andere lösen ein Patt in Abstim- mungen
auf.
Denn New Angeles spielt in einer fernen Zukunft, im Universum der Android-Geschichten, die
man fürs Mitmachen aber nicht kennen muss. Aus der Stadt im Südwesten der USA scheint eine Hyperlopolis ungeahn- ten Ausmaßes geworden zu sein – mit ei- nem ihrer Stadtteile in Ecuador. New An- geles ist größer als ein Staat heutiger Di- mension. Klar, dass die Behörden mit der Führung und dem Management hoff- nungslos überfordert sind. Doch irgendje- mand muss den Laden schmeißen: wir. Jeder von uns leitet einen Mega-Konzern und will möglichst viel an Credits heraus- holen.
I Vorschläge unter Geschäftsfreunden
Nun wäre es ziemlich antikes Beneh-
men, hier einfach nur der Größte oder Beste sein zu wollen. Es geht auch eine Nummer kleiner. Es genügt, besser als ge- nau einer der Mitbewerber am Tisch zu sein. Zu Beginn wird jedem geheim eine Konzernkarte zugelost. Damit ist in dieser Partie unser Gegner festgelegt, er weiß nur nichts davon. In den kommenden Stunden werden wir mit allen am Tisch Geschäfte machen, aber dabei aufpas- sen, dass unser Gegner am Ende nicht vor uns landet. Dann haben wir bereits ge-
wonnen. Ob andere besser sind als wir selbst, interes-
siert nicht im Geringsten. Notfalls werden wir eben Vorletzter. Einer muss verlieren.
Jeder Konzern verfügt über ganz spezi- elle Stärken: Medienbeeinflussung, Ge- sundheit der Bevölkerung, Produktion etc. Zu diesen Themen gibt es Aktionskarten, die unten rechts thematisch geordnet am Spielplan liegen und von denen wir als aktiver Spieler Nachschub bekom- men. Dann machen wir mit einer
davon unseren Geschäfts-
freunden einen Vor-
schlag.
Wir lassen produzieren,
Streiks unterdrücken, senden Fake News in unserem Sinne oder genehmigen uns eine hübsche Ausschüttung. Sind alle unserer Meinung: fein. Ansonsten geht das Gezerre los.
Denn es könnte auch sein, dass tat- sächlich jemand einen Gegenvorschlag macht, seinerseits eine Karte mit einer Idee ausspielt, über die nachher alle abstimmen müssen. Zum Beispiel, weil er lieber Krankheiten eindäm- men oder das Verbrechen in bestimm- ten Stadtteilen bekämpfen will. Der Kern von New Angeles sind die Ver- handlungen. Über das, was in die privaten Geldspeicher wandert, ei- nerseits. Aber auch darum, ob man sich nicht doch mal um die Stadt kümmern sollte, bevor alles
zusammenkracht. Meist ver-
Manche sind
nur Füllmaterial, andere
sehr stark. Hier knirscht es etwas in der Balance des Spieles, wenn sich ein, zwei Beteiligte ungebremst mit Vorteilen voll- saugen können.
Eine Karte beispielsweise ermöglicht nachzuschauen, welcher Konzern nicht mit von der Partie ist, weil genau eine Konzernkarte zu Beginn verdeckt unter den Plan geschoben wird. Deshalb könn- te auch ein Verräter unter uns sein: der Föderalist. Er gewinnt, wenn die Stadt vor die Wand fährt und der Staat widerwillig doch übernimmt, was der Fall ist, wenn die Bedrohungslage 25 Punkte erreicht. Doch ist der Verräter wirklich im Spiel? Wer die passende Vorteilskarte hat, kann nicht nur die nicht-vergebene Konzern- karte ansehen, sondern sie sogar gegen
die eigene austauschen.
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