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ler als Roulette sei. Ravensburger
schaltete sogar T V-Werbung, der ganz große Erfolg blieb indes aus.
Für Koltze stand fest, das nächste Spiel muss noch besser werden. „Die Erfahrun- gen als Autohändler flossen nun in Kuh- handel ein. Man muss schon mit allen Wassern gewaschen sein, ein richtiges Schlitzohr, um erfolgreich über die Run- den zu kommen.“ Die anfängliche Begeis- terung der Ravensburger war diesmal gar nicht so groß. Daher produzierte der Au- tor erst einmal eine kleine Auflage selbst, deren Cover seine Tante gestaltete, wobei die Tierquartette aus des Autors Feder stammten. In kurzer Zeit konnte er nur durch Mundpropaganda seine 1000er Auflage verkaufen. Das überzeugte schließlich auch die Firma vom Bodensee, die mit Kuhhandel 1985 einen moder- nen Klassiker ins Programm bekam, dem in dieser Kategorie 1986 Das verrückte Labyrinth von Kobbert folgte.
Der Erfolg von Kuhhandel lässt sich aus der abwechslungsreichen Mischung von Versteigerungsspiel und verdecktem Ge- schacher um Tierquartette erklären. Wo- bei mit den Jahren immer wieder kleine Veränderungen vorgenommen wurden. So wurden ursprünglich die Geldbeträ- ge beim Kuhhandel nicht ausgetauscht, auch in der Abrechnung gab es am An- fang nur eine Addition der Quartettwerte und keine Multiplikation mit der Anzahl. 2010 brachte Kuhhandel Master die größten Veränderungen durch eine Vari- ante für zwei Spieler und vor allem durch die Einführung von Ratten. Wer am Ende dieses Quartett besitzt, muss ein eigenes Tierquartett aus der Wertung nehmen.
Bis auf die Neuauflagen von Kuhhan- del und die Masterfassung tauchte zwi- schen 1985 und 2014 Rüdiger Koltze spielerisch ab. „Mein Geld habe ich am Anfang mit Autos, später mit Grund- stücken und Immobilien verdient,
die Spiele waren stets nur ein Sah- nehäubchen.“ Trotzdem besuchte
er 2012 und 2015 das Göttinger Autorentreffen. Mit beiden dort vorgestellten Spielen kommt er zu weiteren Veröffentlichungen. Vor
fünf Jahren war es das Laufspiel „Walpurgis“ mit Hexen, die in der Walpurgisnacht zum Brocken im
Harz aufstiegen. Bei Ravensburger
wird es zum Lauf Rauf mit einer
Mensch ärgere Dich nicht-Variante bis in die dritte Ebene. Die 2015 vorgestellte Heckmeck-Variante Raffzahn ist inzwi- schen bei Schmidt Spiele erschienen.
Neben Autohandel, Immobilienverkauf und dem Spieleerfinden besitzt der pas- sionierte Waidmann Koltze ein Patent für die schnellste Armbrust der Welt. Die Koltze-Armbrust hat er vor über zwanzig Jahren erfunden und hält mit 250 m/ sec immer noch den Geschwindigkeitsre- kord für Armbrüste. Wie für Spiele gibt es auch für Waffen eine Messe in Nürnberg, dort stellte Koltze seine Armbrust gro- ßen Firmen wie Barnett aus England und amerikanischen Unternehmen vor. In den USA darf diese Waffe legal bei der Jagd verwendet werden. Trotz der Anerken- nung seiner Erfindung fand Koltze keine Abnehmer. Er vermutet, dass die Firmen Sorge hatten, dass wegen der Höchstleis- tung des Geräts mit einer Reichweite von drei Kilometern die Waffengesetze hät- ten verändert werden können. Koltze hat nicht nur dieses Armbrust-Unikat in Bet- tenrode, sondern auch eine beachtliche Sammlung von Kameras und tausende Bilder zur Stereoskopie.
I Goethes Farbenlehre
steht noch an
Neben Gänsen und Enten im Garten
spielen die Ninja-Enten für Rüdiger Kolt- ze noch eine wichtige Rolle. Für den Göttinger Go-Verein ist der Bettenroder Autor auf Bundesliganiveau unterwegs. „Ich spiele auf dem Ni-
veau des 4. Kyu, was für einen Vereinsspieler nicht schlecht ist. An die Profis komme ich aber nicht ran, die haben Dan-Grade.“
Die Gartenarbeit hält ihn körperlich fit, das fast tägliche Go-Spiel geistig. Er ist sich sicher, dass auch noch weitere Ideen von ihm veröffentlicht werden. Interes- sante Prototypen sind jedenfalls noch ei- nige in Bettenrode zu finden. Vielschich- tig etwa das Drehspiel „Polaris“, mit dem Koltze sich in verschiedenen Dimensio- nen bewegt. Handwerklich interessant und grafisch mit Talent entworfen, sind die meisten seiner Prototypen. Die psy- chologischen Komponenten eines Spiels, die er in Kuhhandel schon angedeutet hat, reizen ihn weiterhin. Er würde diesen Aspekt gern mit Elementen von Goethes Farbenlehre verbinden. Ich bin sicher, dass sein Lebensumfeld fruchtbar auch auf solche Spielentwicklungen
wirken wird. Vielleicht reicht
es nicht mehr zum Spiel, mit
dem Millionen verdient
werden, aber zu interes-
santen neuen Einblicken
über die Würfel- und Kar-
tenwelt hinaus.
Wieland Herold
Ludografie Rüdiger Koltze
Jahr Titel
1982 Millionenspiel 1985 Kuhhandel
2009 Kuhhandel Master 2014 Lauf Rauf!
2017 Raffzahn
Verlag
Ravensburger Ravensburger Ravensburger Ravensburger Schmidt
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