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     Erstes Spiel, erster großer Erfolg: Yspahan brachte Pauchon eine Nominierung zum Spiel des Jahres.
und zum Schluss Die Quacksalber
von Quedlinburg. Das finde ich spannender.
Von GameWorks bist du zu Space Cowboys gewechselt. Wie kam es dazu? Als Space Cowboys 2013 gegründet wur- de, bot man mir an, zum Startteam zu ge- hören – zusammen mit Marc Nunes, Phi- lippe Mouret und Croc, den Gründern von Asmodee, sowie Cyril Demaegd von Ysta- ri. Ich habe die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Wir hatten einen großartigen Start mit Splendor und T.I.M.E Stories, schließlich kam Unlock. Ende 2017 habe ich Space Cowboys wieder verlassen, Jai- pur und Jamaica wurden in ihr Verlags- programm übernommen. Jetzt arbeite ich an einigen Entwürfen in Zweier- oder Dreier-Teams und lasse es langsamer an- gehen, denn das letzte Jahrzehnt war ein bisschen hektisch.
Was gefällt dir besser: solo oder im Team zu arbeiten?
Beides hat seine Vor- und Nachteile. Wenn ich alleine erfinde, kann ich mein eigenes Tempo bestimmen und nur arbei- ten, wenn ich wirklich Lust dazu habe. Andererseits setzen der Gruppenzwang und die Motivation der anderen manch- mal Dinge in Gang, die ich allein viel- leicht nie geschafft hätte.
Gibt es Situationen, in denen du lieber im Team arbeitest?
Bei einem Auftragsspiel ziehe ich es auf jeden Fall vor, im Team zu arbeiten, da Fristen eingehalten werden müssen und
eine Blockade leichter zu verhindern ist, wenn mehrere Leute an einem Strang ziehen. Ich arbeite gern in Dreiergruppen, um Probleme zu lösen: Wenn zwei sich streiten, ist es oft der ruhige Dritte, der den Knoten durchschlägt.
Hat sich deine Arbeitsweise im Laufe der Jahre verändert?
Das Spieleerfinden ist für mich zu einem zweitrangigen Vergnügen geworden. Der interessanteste Teil ist der Prozess bis zur Veröffentlichung. Welche Komponenten werden warum eingesetzt? Wie schreibe ich die Regeln? Können wir das Spieler- lebnis flüssiger gestalten, indem wir die Ergonomie der Karten, des Spielbretts oder der Regeln verändern? Dies sind Optimierungsaufgaben, die ich über alles liebe. Und ich denke, dass ich sie auch auf andere Bereiche des Lebens anwen- den kann.
Waren das aber nicht schon früher dei- ne Aufgaben bei GameWorks?
Meine früheste Erinnerung an eine solche Aufgabe ist die Erstellung und das Tes- ten der Jamaica-Regeln. Damals hat uns ein Freund von mir, der als Neurowissen- schaftler arbeitet, viele Dinge über Kurz- zeitgedächtnis, Aufmerksamkeitsspanne und so weiter beigebracht. Es war ein faszinierendes halbes Jahr, in dem wir mit Malcolm Brainstorming betrieben und die Ergebnisse an unzähligen Gruppen getestet haben.
Gehst Du an neue Spielideen in der Ent- wicklung eher kognitiv oder visuell ran? Normalerweise habe ich eine Vorstellung von der Spielmechanik. Ich bin kein gro- ßer Geschichts- oder Geografie-Fan, also gibt es keine Themen oder berühmten Schauplätze, die ich gern in ein Spiel ein-
bauen würde. Das Gleiche gilt für das Storytelling. Beispielsweise habe ich nie ein Rollenspiel gespielt. Das einzige in diese Richtung gehende Projekt, an dem ich ausgiebig mitgearbeitet habe, war T.I.M.E Stories. Aber das ganze Konzept dazu stammte von Manuel Rozoy; meis- tens habe ich nur dabei geholfen, Proble- me mit der Mechanik zu lösen und Rätsel und Wege für Szenarien zu erschaffen. Woran arbeitest du gerade?
Letztes Jahr habe ich Botanik und Sobek: Das Duell sowie die neue Version von Jamaica veröffentlicht. In den nächsten zwei Jahren sind neun weitere Spiele bei verschiedenen Verlagen in der Planung. Alle diese Spiele entstanden zusammen mit Co-Autoren: Gregoire Largey und Frank Crittin sind in den meisten Fällen meine Partner, mit Ismaël Perrin habe ich ein weiteres Spiel entwickelt. Mit Eliette und Jeremy Fraile kann ich dann eine ge- meinsame Erstveröffentlichung feiern. Du verdienst deinen Lebensunterhalt als Spieleerfinder und Herausgeber? Ich verdiene meinen Lebensunterhalt – wenn auch in bescheidenem Umfang – damit schon seit den Anfängen von GameWorks. Mein erstes veröffentlichtes Spiel war Yspahan, und es wurde für das Spiel des Jahres nominiert. Ich war also von Anfang an relativ erfolgreich, auch wenn ich den Preis nicht gewonnen habe. Ich betrachte mich aber nicht als „Spiele- erfinder“ oder „Spieleverleger“, sondern sage, dass ich Spiele erfinde und veröf- fentliche. Es ist mehr eine Sache, die ich tue, als eine Sache, die ich bin. Und au- ßerdem kann ich auf diese Weise morgen etwas anderes machen. Wer weiß schon, was kommt.
     Malcolm Braff (links) und Sébastien Pauchon 2006 beim Spieleautorentreffen in Göttingen mit dem Prototypen von Jamaica, das sie zusammen mit Bruno Cathala entwickelt haben und das im Vorjahr bei Space Cowboys neu aufgelegt wurde (Bild oben).
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