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Kritik. Mille Fiori
 Siegpunkt-Schwelgerei
Scherben bringen Glück. Und Siegpunkte – so viele, dass die Kramerleiste beinahe heiß läuft. Diese Scherben sind übrigens nicht scharfkantig, sondern angenehm anzufassende Rauten
aus transparentem Kunststoff, die wir nach und nach auf das Spielbrett legen. Dort bilden sie Muster in den Farben der Mitspielenden. Das sieht schön aus – auch wenn natürlich echtes Millefioriglas, das noch heute auf der venezianischen Insel Murano gefertigt wird, schöner ist.
Von HARALD SCHRAPERS
wird aus Quarz, Asche, Kalk sowie Pigmenten gefertigt. Ich lege zum Beispiel eine meiner Rauten auf eine Quarz-Abbildung und kassiere sofort einen Siegpunkt. Wenn ich später eine weitere meiner Plaste-Scherben benachbart an eine Gruppe aus mei- nen Rauten anlege, kumulieren sich die Punkte. Und sobald ich alle vier Rohstoffarten mindestens einmal markiert und dies eher als meine Mit- spielenden geschafft habe, gibt es oben drauf einen 20-Punkte-Bonus. Jetzt ver- steht sich, warum die Siegpunktleiste heiß zu laufen droht. Mille Fiori – was auf Deutsch „tausend Blumen“ heißt – sorgt durch viele Belohnungen für Glücksgefühle.
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den Werkstätten von Murano vier weitere Stadtteile. Fünf Karten pro Runde bekom- me ich auf die Hand, nehme eine davon, platziere in den vorgegebenen Stadtteil eine meiner Rauten und gebe die übrigen Karten meiner linken Nachbarin. Kurz: Es wird gedraftet. Nach vier Zügen ist eine Runde vorbei, die jeweils fünfte Karte – also die, die keiner haben wollte – wird in die offene Auslage gelegt und steht dort für Extrazüge zur Verfügung.
Blicken wir doch einfach mal genau- er auf die Werkstätten. Wir lernen: Glas
ohin ich meine Rauten legen darf, geben mir Spielkarten vor. Es gibt als Einsatzort neben
Manchmal hört der Siegpunktmarker kaum auf zu laufen. Wenn ich in den Werkstätten meine Raute so lege, dass ein Stern-Symbol eingeschlossen wird, bekom- me ich einen zusätzlichen Zug, für den ich mir aus einer offenen Auslage eine wei- tere Spielkarte auswählen darf. Und mit der Extrakarte erspiele ich mir vielleicht noch einen weiteren Zug – Mille Fiori weiß, wie man einen Ganz-schön-cle- ver-Moment erschaffen kann. In diesem Punkt ähnelt das neue Werk Knizias auch dem jüngst erschienenen Witchstone, bei dem Knizia wiederum als Co-Autor mitgewirkt hat. Mille Fiori spielt sich aber weitaus lockerer, weil es keiner hoch konzentrierten Anstrengungen bedarf, um einen Kettenzug abzuhandeln.
Neben den Werkstätten finden sich die Wohnhäuser der Inselbürger, für die es 1 bis 10 Punkte für eine abgelegte Raute gibt. Dort lohnt es sich, auf die Gegne- rinnen aufzupassen: Wer eine Raute auf eine der Zehnen gelegt hat und direkt im nächsten Zug eine weitere benachbart platziert, kassiert die Punkte des neuen Feldes plus erneut die zehn und eventuell weitere Punkte von allen direkt angren- zenden eigenen Rauten. Da ist es besser, den anderen reinzugrätschen und selbst den nächsten Platz zu blockieren, obwohl es dafür nur zwei Punkte gibt. Aber, und das sind die spannenden Tücken des Kar- ten-Draftens: Freie Auswahl hat quasi nur der aktuelle Startspieler. Alle anderen
 D Ausnahme-Regeln
ieser Satz am Ende der Regel dürfte mit anderen Regeln als Käufer der neu- einzigartig sein: „Bei dieser Ausgabe en Auflage, denn es hat eine kleine Än-
handelt es sich um eine vom Verlag über- arbeitete Version, die in Teilen von der ursprünglichen Version des Autors Rei- ner Knizia abweicht.“ Das klingt wie: Der Autor distanziert sich vom Spiel. Aber so hoch möchte Knizia diese Aussage gar nicht hängen. „Ich distanziere mich durch diesen Satz keineswegs vom end- gültigen Mille Fiori, es ist ein schönes Spiel, in Teilen eben nur anders als mein ursprüngliches Spiel“, teilt er auf Nach- frage mit. In der Tat, erzählt Georg Wild, der Mille Fiori redaktionell betreute, hätten sie bei Schmidt noch Hand an- gelegt. Das ist nichts Ungewöhnliches. Aber Reiner Knizia wurde, so viel Selbst- kritik müsse sein, zu spät eingebunden.
derung gegeben. In der ersten Version war es so, dass nicht nur die ungenutz- ten Karten am Ende einer Runde offen in die Auslage gelegt wurden, sondern zusätzlich eine Karte pro Spieler. Das hatte zur Folge, dass irgendwann zu Be- ginn einer Runde nicht mehr alle fünf Karten bekommen konnten, eine Partie endete damit. In der neuen Regelversion werden nun direkt bei Spielbeginn eini- ge Karten aufgedeckt, dafür wird beim Austeilen keine zusätzliche Karte mehr ausgelegt. Die offene Auslage wird so etwas kleiner, was wiederum dazu führen kann, dass ab und an für einen Spieler ein Bonuszug verpufft, weil keine Karte mehr ausliegt. Dafür werden alle Karten durchgespielt und alle Optionen liegen auf dem Tisch. Diese aktuelle Regelversion steht auf schmidtspiele.de zum Download zur Verfügung. (ab)
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er sich die Erstauflage von Mille Fiori gekauft hat, spielt eventuell
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   Foto: Schrapers














































































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