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 Kritik. Cubitos
 Erste Hilfe bei akuter Unterwürfelung
Die Urform schlichter Brettspiele geht so: Man würfelt und zieht auf ein Feld, auf dem dann irgendetwas passiert. Wer zuerst im Ziel ist, gewinnt. John D. Clair macht aus dieser alten Grundidee ein vielseitiges Spiel mit Suchtpotenzial.
  Von MAREN HOFFMANN
Als Cover-Star ein Stinkekäse mit haarigen Beinen und krachleder- ner Hose. Eine Schachtel, in die das Material, einmal zusammengebaut, nicht mehr richtig reinpasst. Unnötig kom-
pliziert formulierte Regeln. Vor den Spielspaß mit Cubi- tos haben die Macher eini- ge abschreckende Hürden gesetzt. Wer es trotzdem bis in die Schachtel schafft, wird dort von flauen Kalau- ern begrüßt: „Handkäs mit Muckis“, „Speedy Catzales“, ein Lama namens „Dalai“ – bei der Namensgebung für die Würfel haben die
Macher einfach alles rausgehauen, was ihnen gerade in den Sinn kam.
Dabei ist das Spiel wirklich attraktiv, es zeigt es nur nicht gleich: Ein feiner Dice Builder mit zentralem Push-your-luck- Element – auch wenn man zunächst mit Push-Your-Bedenken-beiseite-Attitüde einsteigen muss. Hier zeigt sich einmal mehr, warum es sich lohnt, Autoren- namen prominent auf Schachteln zu
schreiben: Wer John D. Clair als Meister des Komm-eins-spielen-wir-noch-Genres kennt, lässt sich noch nicht mal von einem fiesen Käse mit Beinhaaren abschrecken. Aus Clairs Feder stammen etwa das Wür- felspiel Space Base, das zu Recht als das bessere Machi Koro gilt, das haptisch feine und mechanisch durchdachte Ecos – Der erste Kontinent und die Material- schlacht von Mystic Vale, in der erstmals Kartensleeves nicht als nerdig-nerviges Zubehör, sondern als innovative Spielme- chanik genutzt werden.
Nun also Cubitos, im Kern ein simples Laufspiel. Bis zu vier Spieler versuchen, ihre Figur möglichst schnell auf einer Rennstrecken vom Start ins Ziel zu be- kommen. Unterwegs kann man Sonder- felder ansteuern, die Vorteile bringen. Wie weit man laufen darf, bestimmen die eigenen Würfel. Am Anfang sind die ziemlich lahm: Jeder und jede bekommt nur zwei dunkel- und sieben hellgraue Würfel mit vielen leeren Seiten. Um den eigenen Würfelpool zu verbessern, muss man attraktivere Kuben erwerben – von denen gibt es jeweils zehn in acht Farben. Was sie können und was sie kosten, wird durch je eine von sieben Karten festge-
legt, die die jeweiligen Eigenschaften der Würfelfarbe für die Runde festschreiben. Wer nach einem grüblerischen Spiele- abend mit taktischen Kartendecks an akuter Unterwürfelung leidet, bekommt bei Cubitos wirksam erste Hilfe: Viele, viele bunte Würfel mit vielen, vielen Fä- higkeiten.
Wer Füße würfelt, kommt voran, wer Geld würfelt, kann sich neue Würfel kau- fen. Die besseren haben Sonderfähig- keiten, mit denen man etwa schwächere Würfel aussortieren, mehr Würfel einset- zen oder weitere Bewegungen aktivieren kann. Das Spiel ist modular, was den Wie- derspielreiz erhöht: In der einen Partie kann der Lederhosen-Stinkekäse „Brutaler Brie“ heißen und mehr Bewegung gene- rieren, in einer anderen tritt er vielleicht als „Handkäs mit Muckis“ auf und sorgt dafür, dass man mehr Würfel werfen darf. Auch die Strecken sind variabel.
In jeder Runde würfelt man, ob man etwas bekommt. Zeigen die Würfel Sym- bole, kommen sie in den Aktionsbereich
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    Fotos: Becker, Hoffmann / Illustrationen: Pegasus Spiele




















































































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