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OLDIE Lotus
Lästige Lasten
Der Titel Lotus scheint mit der ungeschriebenen Selbstverpflichtung verknüpft zu sein, auf ein Erscheinungsbild von hohem ästhetischen Reiz zu achten. Außer dem auf Seite 48 dieser Ausgabe vorgestellten Kartenspiel aus dem aktuellen Angebot lässt sich auch Der weisse Lotus (TM Spiele, 2000) als Beleg dafür heranziehen. Eröffnet hatten den Reigen aber bereits zwei Jahre zuvor die Ra- vensburger mit einem Spiel von Dominique Tellier.
eben noch obenauf postiert gewesen ist, kann diese deshalb schnell in unteren Etagen wiederfinden.
Für zusätzliche Verwirbelungen sorgt ein mit einer Rosette markiertes Trampo- lin-Feld in der Mitte der gerade einmal 14 Felder langen Strecke. Wie der Name schon sagt, springt ein dort landender Stein noch einmal genauso weit wie zu- vor. Dass er auf diese Weise theoretisch in einem Zug das Ziel hinter dem letzten Feld erreichen kann, ist allerdings ein Ex- tremfall, der nur mit tätiger Mithilfe der Konkurrenz möglich ist und deshalb in der Praxis kaum einmal vorkommt.
Die Schriftzeichen auf den Feldern sind keine Fantasiege- bilde, sondern chinesischer Her- kunft, allerdings ohne jeglichen Bezug zum Spielthema. So ste- hen auf den beiden Startfeldern die Wörter schwarz und gerade und auf den Feldern vor und hinter der Rosette Wagen bzw. Innenseite. Das Zeichen auf dem Banner in der Mitte des Spielbretts ist Japanisch und bezeichnet den daneben abge- bildeten Drachen. Die Rosette auf dem Trampolin soll vermut- lich eine stilisierte Lotusblüte darstellen.
Wie bei einem Spiel dieser Art nicht anders zu erwarten, be- steht bei drei oder vier Teilneh- mern in der Schlussphase die Gefahr, dass einer von ihnen in die Rolle eines Königsmachers gerät. Dies ist jedoch nicht all- zu oft der Fall, weil bei genauer Betrachtung zumeist eine der
alternativen Zugmöglichkeiten für den aktiven Spieler günstiger ist, wenn er auf Postion spielt. Lässt sich dies nicht mit letzter Sicherheit beurteilen, empfiehlt sich, das Los entscheiden zu lassen.
Da eine Partie Lotus bei zügiger Spiel- weise kaum mehr als eine Viertelstunde erfordert, bietet sich an, so viele Partien hintereinander durchzuführen, dass je- der Teilnehmer einmal in jeder Position an den Start gehen kann, und über den Ausgang Buch zu führen. Sofern über- haupt alle Vergnügen daran finden, zur Abwechslung einmal nicht den Launen Fortunas, sondern der Willkür ihrer Mit- spieler ausgeliefert zu sein. L. U. Dikus
Als ein Wettrennen ohne Würfel oder Karten als Antriebsmittel gehört Lotus zu einer erst Mitte des vorigen Jahrhunderts begründeten Gattung mit immer noch recht wenigen Vertretern. Bei diesen können
die Figuren aus eigener Kraft
allenfalls ein Feld weit oder
gemäß einer festen Vorgabe
ziehen. Die entscheidende
zusätzliche Energie gewinnen
sie zumeist aus ihrer räumli-
chen Beziehung zu anderen
Figuren, eigenen wie fremden.
Welch Pures Denkvergnügen
daraus erwächst, lässt sich in
spielbox 4/10 nachlesen.
Je nach Teilnehmerzahl geht jeder mit sechs oder zehn Steinen an den Start, und zwar in Stapeln aus ein bis drei bzw. vier Stück. Damit ist auch bereits die genaue Zugweite des jeweils obersten Steins vorgegeben, nämlich ein bis vier Felder. Welche der beiden erst auf dem vierten Feld zusammenlaufenden Fährten man wählt, ist frei- gestellt. Es gewinnt, wer als erster alle eigenen Steine ins Ziel gebracht hat.
Springt ein Stein auf einen anderen, so kann dieser und jeder weitere unter ihm erst wieder gezogen werden, wenn er selbst zuoberst liegt. Sind im Extrem- fall sämtliche Steine eines Teilnehmers blockiert, darf der Betreffende einen be- liebigen fremden Stein setzen oder muss bei Anwendung der sog. Profiregel aus- setzen. Wird nach dieser Regel verfahren, ist der Startspieler in einer Partie zu zweit berechtigt, sogleich noch einen weiteren Stein einzusetzen. Damit ist der Nachzie- hende gehindert, eine Ochsentour-Strate- gie zu verfolgen, indem er zunächst alle Züge kopiert und sodann mit seinem
aktuell vordersten Stein uneinholbar los- marschiert.
Die Grundregel erscheint in jeder Be- setzung vorzugswürdig, obwohl man einem Konkurrenten mit einem Befrei-
ungszug einen Zug schenkt. Abgesehen davon, dass ein solcher Zug ja ohnehin freigestellt ist, kann der dadurch Begüns- tigte in einen unangenehmen Zugzwang geraten, der unter dem Strich sogar zu ei- nem Nachteil für ihn führt.
Obwohl ein freigewordener Stein selbst nicht in der Lage ist, den Spieß umgehend umzudrehen, ist der abziehende Stein nicht davor sicher, seinerseits sofort fixiert zu werden. Dies nicht nur durch Steine, an denen er soeben vorbeigezogen ist, oder durch einen Stein von einem höheren Sta- pel hinter seinem Ausgangsfeld, sondern obendrein durch Steine auf Stapeln der anderen Fährte. Wer mit seinen Steinen
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