Page 13 - Spielbox 05/17 Deutsch
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Und so sitzen wir da mit diesem Bau- kasten, würfeln und jubeln oder jammern, klicken neue Seiten auf und freuen uns über ein kurzweiliges und optisch wun- derbar gestaltetes Spiel. Für jedes Materi- al findet sich eine Nische im Tiefziehteil, nichts fliegt darin umher, selbst die Plätt- chen im Tempel sind mit einer Hülle und einem strammen Stoffband geschützt. Mit etwas Übung hält sich die Aufbauzeit so in Grenzen. Dice Forge ist ein Hingu- cker, das Material fasst sich toll an. Wer zuschaut, möchte am liebsten gleich zu- greifen und mitmachen.
I Anleitung als Suchspiel Damit ist Dice Forge im Segment der gehobenen Familienspiele eine heiße Empfehlung. Auch Vielspieler zocken ger- ne mit, wünschen sich allerdings bald schon weitere Karten und Plättchen. Denn einige wenige Sonderplättchen, die das Spiel interaktiv machen, deuten an, welche Möglichkeiten hier versteckt sind. Dice Forge birgt noch sehr viel Potenzial. Die zentrale Frage ist, ob es geweckt wer-
den kann.
Denn der Freude über Ausstattung und Spielidee steht das Regelwerk gegenüber. Man wird das Gefühl nicht los, dass der Verlag zwar sehr viel Zeit in liebevolle De- tails gesteckt, beim Verfassen der Anlei- tung aber den Faden verloren hat. Bereits das erste Auspacken und Sichten des Ma- terials ist ein Ärgernis – siehe Text im Kas- ten. Und so geht es bei der Lektüre der Anleitung weiter. Die hat ein unprakti- sches, quadratisches Format zum Aufklap- pen, sodass man eine Art überdimensio- nierte Schriftrolle in der Hand hat, so eng bedruckt, dass es vor den Augen flimmert.
Wer dann das Beiblatt zur Erläuterung der Heldenkarten zu Hand nimmt, freut sich über die gute Idee, die Karten nach
ihrer Position in der Auslage zu erklären. Nur leider passen nicht alle Erklärungen auf eine Seite. Die komplizierteren stehen auf der Rückseite und lesen sich eher ma- thematisch als verständlich. Noch übler ist allerdings, dass in der Übersicht ande- re Grafiken verwendet werden als auf den Karten selbst. Ein Suchspiel beginnt, denn die Grafiken im Beiblatt befinden sich auf den Kartenrückseiten. Die die Spieler in der Auslage natürlich nicht se- hen können!
Es ist erstaunlich, wie ein Verlag zu ei- nem so durchdachten Spiel eine solch schwache Regel abliefern kann – und wieso Asmodee seinem Studio Libellud so etwas durchgehen lässt und nicht ein-
Stotterstart
Das Material zu Dice Forge wird komplett in einer Übersichtszeichnung präsentiert, die deshalb aussieht wie ein Grabungs-Quer- schnitt durch Schliemanns Troja. Wir sollen so gleichzeitig begreifen, was was ist und was wo im Kasten hingehört. In acht Schritten wird das Sortieren des Materials erklärt. Unter Punkt 1 öffnen wir die beiden Päckchen mit Karten und sollen sie sortieren. Doch woran, zum Kuckuck, sind sie zu unterscheiden? Wer aus Verzweiflung die Regellektüre vorzieht, entdeckt, dass mal mit Sonnen- (rot), mal mit Mondstaub (lila) bezahlt wird. Diese Währungen haben eigene Symbole, die sich – klein, farblos und fast durchsichtig – in die unteren Ecken der bunten Karten ducken. Dummerweise mal rechts, mal links. Eine Viertelstunde Sortierens ist um.
Punkt 2: Die Würfel. Acht Kunststoffwürfel, 90 Würfelseiten zum Darauf-Klicken. Jeder bekommt zwei mit einer Startkombination bestückte Sechsseiter. Dazu gibt es eine Zeichnung, die einen Würfel von zwei Seiten zeigt. Jeweils drei Würfelseiten sind so aufzu- bringen. Bereits beim fünften Würfel geht die Munition aus – es fehlen passende Plättchen. Nur wer jetzt bereits den sog. Tempel mit den übrigen Würfelseiten belegt (Punkt 3), schließt aus den verbliebenen Resten, was zum Startmaterial gehört. Könnte es wirklich sein, dass die Abbildung nicht einen, sondern zwei verschiedene Würfel zeigt? Dass die drei nicht sichtbaren Seiten gelbe 1er sein sollen, was sich durch hauchzarte Einfärbung der Rückseiten dem Betrachter zu entziehen versucht? Falsche Teile wieder herunterfummeln, alles neu zusammensetzen. Über eine halbe Stunde ist um.
Das Vorbereitungsfinale naht mit dem Spielaufbau. Punkt 4 erläutert, jeder Spieler bekomme „1 hellen und einen 1 dunklen Göt- terwürfel“. Dunkel? Hell? Das ist den beigen Sechsseitern freilich nur anzusehen, wenn sie bei bestem Licht unmittelbar nebenein- anderliegen. Die Platten sind noch immer falsch montiert. Rat für den Endkunden: Sucht euch einen Dummen, der dieses Spiel vorbereitet, und übernehmt den passend gefüllten Karton. Mit der Spielregel habt ihr gleich noch genug zu tun.
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