Page 22 - Spielboexchen September 2023
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                                 REPORTAGE
  Brause VON BRAUSEFLASCHEN UND PRINZESSINNEN
Hauptsache gelassen bleiben
   Christina Valentiner‐Branth, Gründerin der Brettspielakademie
spielböxchen 2023
Am Spieletisch zwischen kleinen Tempe- ramentsbolzen, Schüchternen und Egois- ten Harmonie zu stiften, ist eine Heraus- forderung. Christina Valentiner-Branth, Gründerin der Brettspielakademie, Do- zentin der Weiterbildung zur Fachkraft für Gesellschaftsspiele und Systemische Familientherapeutin (SG), porträtiert für uns einige kindliche Spielermentalitäten und gibt Tipps, wie man gelassen mit ih- nen umgeht.
Lena ist sauer, stinkesauer. Mit einem gebrüllten „Das ist so unfair!“ fliegen die Karten durch die Luft. Heulend verlässt die wütende Sechsjährige den Spieltisch. Sie musste viel aushalten bei unserer Par‐ tie drecKsau. Anton hat mit Vergnügen Lenas Hütten zerstört, und auch Svetlana und Mohammed haben fröhlich Lenas Schweine mit Regen‐ und Bauernkarten gewaschen. Das war zu viel für die ehrgei‐ zige Erstklässlerin. Vom anklagenden „Das macht ihr mit Absicht!“ zur kompletten Eskalation und Totalverweigerung war es nur noch ein kleiner Schritt.
Spielen ist emotionales Achterbahn- fahren. Beglückende Erfolgsmomente und grausame Enttäuschungen liegen oft nur einen Würfelwurf entfernt. Und genau deshalb ist das Spielen von Gesell‐ schaftsspielen das Beste, was Eltern und Pädagog/innen mit den Kindern tun können. Spielerunden sind Lerneinheiten für emotionale und soziale Kernkompe- tenzen, und Kinder lieben es, sich in die‐ sen Trainingsraum zu begeben. Allerdings kommt es aufgrund dieser starken Gefühle
immer wieder zu herausfordernden Situ- ationen für alle Personen am Spieltisch. In denen wir uns oft hilflos fühlen und entsprechend ungeschickt reagieren. In unseren Fortbildungen vermitteln wir von der Brettspielakademie, wie Anleitende sich emotional entkoppeln und in diesen Situationen wertschätzend und lösungso‐ rientiert bleiben können.
EIN SICHERER ORT OHNE ÄNGSTE
Unsere Aufgabe als Spiel‐Anleitende ist es, einen „Safe Space“ herzustellen. Eine Situation, in die sich alle Spielenden ohne Furcht vor Scheitern und Beschämung hineinwagen können. Eine Lehrkraft sagte auf einem Schulentwicklungstag voller Angst: „Oh, so viele neue Spiele. Hoffent‐ lich blamiere ich mich nicht, weil ich die
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