Page 10 - spielbox special 2020
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 HERBSTNEUHEITEN 2020
Edition Spielwiese
Die Idee, ein sog. Wimmelbild zur Grund- lage eines Brettspiels zu machen, hatte Wolfgang Riedesser bereits vor etlichen Jahren. Für sein 1992 bei Heye erschie- nenes Ungeheuer Indiskret bediente er sich einer Grafik von Marino Degano voll frivoler, bisweilen auch recht makabrer Szenen. Wer welche davon zu einer allen gestellten Aufgabe mit seinem Rahmen markiert hat, versucht ein Teilnehmer nach Entfernen der Augenbinde einzu- schätzen.
Ganz anders jetzt bei MicroMacro von Johannes Sich, wo sich ein Ermittlerteam gemeinsam auf die Suche nach Spuren zur Aufklärung von 16 Verbrechen be- gibt. Jeder Fall besteht aus einer Anzahl Karten mit Aufgaben, Hinweisen und Abbildungen, die vom Kommissar den übrigen Teammitgliedern nach und nach zur Kenntnis gegeben werden. Er selbst darf sich an den Ermittlungen beteiligen, solange es nicht zu einem Fehler kommt und Nachermittlungen erforderlich wer- den. Ein Einführungsfall macht mit den Anforderungen und Abläufen vertraut. Wer mag, kann später in den Profimodus umschalten und sich auf die jeweilige Start-Karte beschränken.
Die Ermittlungen richten sich beispiels- weise auf Tatwaffe, Mordmotiv, Flucht- fahrzeug oder den Wohnort des Opfers. Antworten liefert ein 75 5 110 Zentime- ter messender Stadtplan von entspre- chend fester Papierqualität, bedeckt mit einer überwältigenden Fülle detaillierter Strichzeichnungen. Diese zeigen teil- weise so feine Unterschiede oder kleine Einzelheiten, dass die beiliegende Lupe wertvolle Hilfe leistet. Gutes Licht ist auf jeden Fall unverzichtbar. Bis zu vier
Ermittler können sich über den Plan beu- gen, um vollkonzentriert und mit großer Akribie ihrer vergnüglichen Beschäfti- gung nachzugehen.
Ali Mitgutsch, Kinderbuchautor und geistiger Vater der Wimmelbilder voll kleiner Missgeschicke und Dramen, dürf- te mit seinen inzwischen 85 Jahren diese reizvolle Übertragung seines Konzepts be- stimmt mit Wohlgefallen betrachten. -lud
Feuerland Verlagsgesellschaft
Dass Zeit Geld ist, bedeutet in unserem Hobby meist, dass man mit einem Zeit- marker auf einer Skala vorrückt. Ganz an- ders bei Pendulum. Hier kosten die Akti- onen wirklich Zeit und zwar unterschied- lich viel. Obwohl der Titel ein Metronom vermuten lässt, dienen drei Sanduhren mit unterschiedlichen Laufzeiten (45 Se- kunden bis drei Minuten) als Taktgeber. Jeder Sanduhr ist ein Set von Aktionen zugeordnet, und die Uhr misst sozusa- gen, wie viel Zeit der Arbeiter braucht, um diese Sache zu erledigen. Für jede Uhr sind zwei Reihen vorgesehen: eine, wo sie steht, und eine, wo sie nicht steht. Dort wo sich die Uhr gerade nicht befin- det, kann ein Arbeiter auf ein anderes Aktionsfeld versetzt werden. Gearbeitet wird allerdings nur dort, wo gerade eine Uhr steht. Man setzt also einen Arbeiter auf eine freie Aktion, wartet, bis die Uhr dorthin kommt, führt dann die Aktion aus und wartet erneut, bis die Uhr abge- laufen und wieder weggestellt ist, damit man den Arbeiter wieder nutzen kann.
Verwirrt? Dieser Zustand könnte sich noch steigern, denn jeder führt mehr als nur einen Arbeiter. Für manche Aktionen muss zusätzlich noch Gold gezahlt wer- den, und natürlich darf ein Feld nicht von
mehreren Meeples besetzt werden, außer man setzt den Großen Arbeiter, der (wie bei Viticulture) immer auch dazugestellt werden kann. Alle Mühe zielt darauf ab, Ressourcen zu sammeln und in Punkte zu verwandeln, um damit auf vier Punk- teskalen seinen Marker in den „grünen Bereich“ zu bringen. Um das ganze Zeit- gerüst etwas aufzulockern, hat jeder ei- nen Kartensatz, der Aktionen verstärkt, geblockte Arbeiter befreit oder mal ein paar Rohstoffe bringt.
Pendulum ist geprägt vom Wechsel zwischen Hektik und Leerlauf. Wenn ge- rade alle Arbeiter blockiert sind, hat man Zeit, die genutzt werden sollte, die Akti- onen der nächsten Hektikphase genau zu planen. Wer mit diesem Rhythmus am besten zurechtkommt, verfügt über den Schlüssel zum Erfolg. Eine Einstiegs-Va- riante erlaubt, die Abläufe ohne Echt- zeit-Stress kennenzulernen. Als Mehrper- sonen-Solitärvergnügen mit besonderem Timing-Anspruch ist Pendulum sicher außergewöhnlich, aber nichts für Men- schen, die sich beim Spielen entspannen wollen.
Beim Metzger bekommt der Nach- wuchs „ein Rädle Wurst“, beim Bäcker stehen Brotstückchen zum Testen be- reit, in der Käseabteilung kann man mit aufgespießten Würfeln eine neue Sorte testen. Leckerlis sind seit jeher ein effek- tives Mittel zum Heranziehen einer Kun- denbasis und deren Verbreiterung. Wenn das Gekaufte etwas größer ist, kann das Leckerli auch mal proportional mitwach- sen. So fällt schon mal ein Tretauto für die Kleinen ab, wenn Mama sich einen Porsche kauft. Nicht anders beim neuen Gloomhaven-Spross. Wer mit dem Füh- renden im BGG-Ranking liebäugelte,
   Gerhards Spiel und Design
Ganz schön schräg kommt das Spiel Galtoni von Ingo Althöfer daher. Klack! Klack! Klack! Die oben eingeworfenen Murmeln bah- nen sich durch regelmäßig angeordnete Hindernisse ihren Weg. Das Spielbrett ist aus massivem Holz gefertigt und wird schräg aufgestellt. Welchen Lauf die Murmeln nehmen, ist die große Frage. Zufall? Oder vielleicht
doch nicht?
Das Ziel sind vier eigene Murmeln in einer Reihe, waagerecht, senkrecht oder diago-
nal. Die Murmeln werden blind aus einem Beutel gezogen, deshalb muss man oft auch die gegnerischen Kugeln rollen lassen. Oder man erwischt einen Joker, der für alle Farben zählt.
Der Autor hat aus dem in der Mathematik bekannten Galton-Brett ein Spiel entwickelt, das für ganz viel gute Laune, Spannung und Spielspaß für 2 bis 3 Personen sorgt.
Natürlich – ökologisch – nachhaltig wird Galtoni in der Spielewerkstatt im Westerwald hergestellt.
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  spielbox special












































































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